Hotel Mama

Wenn große Kinder nicht ausziehen

Autoren: Dominique Klughammer, Daniela Agostini. Gesellschaft - ZDF - 2005 - 30 min

Besser, billiger und bequemer als zu Hause ist es nirgendwo: Hotel Mama ist unschlagbar. Warum abnabeln, auf Wäsche-, Einkauf- und Putzservice verzichten, wenn es bei Mama und Papa so einfach ist? Und autoritär sind die Eltern schon längst nicht mehr. Zugegeben: Es gibt ein paar Nachteile, die man als %u201EKind%u201C ertragen muss: Vorwürfe, weil die Schuhe wieder rumstehen, man zu spät zum Essen kommt oder das Werkzeug in der Garage nicht verräumt hat. Und natürlich darf man auch nicht zu laut Musik hören, ständig Freunde einladen oder gar das Zimmer absperren! Aber sonst ...

Matthias und Martin R. sind 35 und 30 Jahre alt, berufstätig und gerne Nesthocker. Sie verstehen sich gut mit ihrer Mutter, sie lieben das große Haus und sie müssen lediglich ihr Zimmer selbst aufräumen. Den Rest übernimmt die Mama. Sie allerdings hofft, dass die beiden bald ausziehen. Schließlich sind sie groß genug! Matthias und Martin aber wollen bleiben.

In den 70er Jahren konnten sich Jugendliche nicht schnell genug von ihren Elternhäusern abnabeln. Heute geht der Trend in die andere Richtung. Hotel Mama ist vor allem bei Männern beliebt: Mit 24 Jahren leben laut statistischem Bundesamt 47 Prozent der männlichen Bevölkerung im Haushalt der Eltern, mit 30 Jahren immerhin noch 14 Prozent. Zum Vergleich: Nur 5 Prozent der Töchter mit 30 wohnen noch zu Hause. Die Gründe für das späte Ausziehen sind mehrere: Lange Ausbildung, schwierige Wohnsituation und befristete Arbeitsverträge, aber auch Desorientierung, Existenzängste und gestiegene Ansprüche: Warum auf Auto, Handy, Urlaub und Klamotten verzichten, wenn man bei seinen Eltern günstig wohnen und sich deshalb diesen Luxus leisten kann?

Robert Z. ist 32 und hat sich im Dachgeschoss des elterlichen Hauses eingenistet. Hier fühlt er sich wohl, wird umsorgt und umhütet. Bankgeschäfte, Haushalt und andere lästige Dinge erledigt die Mama. Vor kurzem ist auch noch seine Freundin Nicole (19) mit eingezogen. Mama versucht die junge Frau in die Kunst der Haushaltsführung einzuweisen. Doch die Vorstellungen sind unterschiedlich. Den Großteil der Hausarbeiten macht Mama deshalb auch weiterhin %u2013 notgedrungen.

Jeder fünfte Nesthocker ist ein Wiedereinzieher. Angelika L., 46, ist vor sieben Jahren nach gescheiterter Ehe wieder zu ihren Eltern gezogen und hat sich im Dachgeschoss eingerichtet. Mit dabei auch ihr elfjähriger Sohn Maximilian. Die häusliche Stimmung ist oft angespannt: Die Eltern können das Chaos in Angelikas Zimmern schwer ertragen. Für sie ist Ordnung das oberste Gebot. Angelika hat sich arrangiert: Sie muss keinen Finger zu Hause rühren und ihr Sohn ist rund um die Uhr versorgt. Deshalb nimmt sie die Nachteile in Kauf.